DESIGN, DAS VERÄNDERT.

Ein Besteck zu entwickeln, das Menschen mit motorischen Einschränkungen das Leben erleichtert – das setzte sich die Design - Studentin Isabel Heubl im Jahr 2012 zum Ziel. Mit Erfolg: 2015 wurde ihre Arbeit im Rahmen des Red Dot Design Awards lobend erwähnt und erhielt eine Nominierung für den Internorga Zukunftspreis. Amefa erkannte als erster Besteckhersteller das Potenzial der Idee.

Isabel, was hat Dich dazu bewegt, ein Besteck wie Integrale zu entwickeln?

Produktdesign beschäftigt sich oft mit Lifestyle. Mir war aber immer schon wichtig, etwas zu bewirken. Als ich zum Abschluss meines Studiums an der Uni Falmouth in Cornwall ein eigenes Produkt entwickeln sollte, habe ich überlegt, wie ich diesem Anspruch gerecht werde. Die Idee zu Intergrale entstand dann beim Besuch eines Seniorenheims.

Was hat Dich am meisten dafür eingenommen?

Essen hat eine äußerst soziale Komponente. Nicht alleine essen zu können, empfinden viele als einen Verlust an Würde. Sie ziehen sich zurück, nehmen die Mahlzeiten alleine auf dem Zimmer ein und vereinsamen. Als mir klar wurde, dass ein Besteck auf diesem Weg Würde schenken kann, war die Sache für mich klar.

Für wen genau hast Du Integrale entwickelt?

Für Menschen mit Greifstörungen, etwa infolge von Arthrose, Amputationen oder Missbildungen. Auch Menschen mit Parkinson können von dem Design profitieren.

Wie bist Du das Projekt angegangen?

Noch in der Projektfindungsphase bin ich beim National Health Service vorstellig geworden. Ich wollte mich nach vorhandenen Esshilfen erkundigen und habe dort Unterstützer gefunden, die mich mit Seniorenheimen, Krankenhäusern und Pflegepersonal zusammenbrachten.

Wie entstand das Design?

Ich habe Heiminsassen gebeten, aus Knete etwas zu formen, das sich in der Hand gut anfühlt. So entstanden mehrere Formen, die ich mit den Stärken und Schwächen markttypischer Spezialbestecke vergleichen konnte. Ziemlich bald kristallisierte sich die Grundform der Kugel heraus.

Und dann kamen die Prototypen?

Ja. Mit Hilfe eines 3D-Druckers stellten wir Kunststoff-Prototypen her. Das Gewicht von Edelstahl simulierten wir mit integrierten Metallkügelchen und ließen die Modelle anschließend verchromen. Das Feedback der Probanden war äußerst positiv und oft emotional. Menschen, die ihr Leben lang mit gutem Besteck essen konnten und dies schmerzlich vermissten, erfuhren auf einmal, dass Ästhetik und Funktonalität sich nicht ausschließen. Manchmal sind sogar Tränen geflossen.

Warum ist das so? Was zeichnet das Design aus?

Viele Designaspekte spielen hier zusammen. Zunächst einmal liegt der Kugelgriff sicher in der Hand. Dann verfügt Integrale über einen kurzen Schaft. Er bietet Menschen mit Einschränkungen wesentlich mehr Kontrolle.

Weil er zudem mittig aus der Kugel hervor­geht, entsteht ein Bogen, dank dem man das Besteck leicht vom Tisch aufnehmen kann. Die Messerklinge ist breit gestaltet und mit einer runden Kerbe versehen. So kann man beim Schneiden besser Druck ausüben. Die Gabel schließlich ist flach und kurz gehalten, damit man Essen leichter darauf schieben kann. Und nicht zuletzt sieht das Design edel aus – überhaupt nicht medizinisch oder nach Einschränkung.

Wie kam Amefa ins Boot?

Nach meinem Studium, wieder in Deutsch­land, habe ich verschiedene Besteckher­steller kontaktiert, darunter auch bekannte Premiummarken. Das Unternehmen, das als erstes, eigentlich augenblicklich, das Poten­zial der Idee erkannte und den Mut hatte, das Konzept umzusetzen, hieß Amefa. Dann haben wir gemeinsam schnell Nägel mit Köpfen gemacht und – ich denke, da kann ich für beide sprechen – die Zusammenarbeit bis zum heutigen Tag nie bereut.

DIE DESIGNERIN

Isabel Heubl wurde 1988 in Ulm geboren und stu­dierte Produktdesign an der Universität Falmouth in Cornwall. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich darauf, Funktionalität mit Ästhetik zu verbinden und stellt den Nutzer in den Mittelpunkt. Für ihre Bodenleuchte Rocky erhielt sie 2010 den Philips Lighting Design Award und später den Preis „Innovation des Jahres 2014“. 2015 war sie mit ihr im Fernsehformat „Die Höhle des Löwen“ zu sehen.